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Panzerkampf in Köln, befreite KZ-Häftlinge und erbeutete „Wunderwaffen“: Wie die Westalliierten vor 75 Jahren große Teile Hitler-Deutschlands eroberten

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„You are now entering Germany“: Unter den Augen seiner Kameraden fertigt ein US-Soldat ein Warnschild an der westlichen Reichsgrenze an. Anfang 1945 hatten die alliierten Streitkräfte die linksrheinischen Gebiete Hitler-Deutschlands bereits weitestgehend unter ihre Kontrolle gebracht. Im Osten rollte die Rote Armee schier unaufhaltsam Richtung Oder. Das Kriegsende, die totale militärische Niederlage des NS-Reiches, war absehbar.

Soldats francais et americains

Französische Soldaten (li.) mit amerikanischen Kameraden

Die Hauptlast der Kämpfe um das Elsass und Lothringen trugen auf französischer Seite die erfahrenen nordafrikanischen Kolonialregimenter. Der Rest der französischen Armee befand sich noch im Wiederaufbau. Verstärkt wurden die Nordafrikaner durch Zehntausende Résistance-Kämpfer, die allerdings aufgrund ihrer schlechten Disziplin Probleme bereiteten. Viele der Widerstandskämpfer nutzten später den Einmarsch ins Reich, um mit den Deutschen für vier Jahre Besatzung blutig abzurechnen.

 

Soldaten der US-Armee geben Nahrung an Zivilisten aus, 1945

Auf diesem Foto geben amerikanische Soldaten im März 1945 Brot und Speck an deutsche Zivilisten aus

Nicht nur für Hunderttausende deutsche Soldaten war der Krieg mit dem alliierten Vormarsch im Westen zu Ende. Auch die Zivilbevölkerung musste sich nach zwölf Jahren NS-Herrschaft mit den neuen Herren im Land arrangieren. Anders als im Osten konnte von einer tiefen Furcht vor dem Feind allerdings keine Rede sein. Die NS-Propaganda vom „Terror der jüdischen Plutokraten“ hatte ihre Wirkung verfehlt. Allerdings kam es auch zu Übergriffen durch westalliierte Soldaten auf die Zivilbevölkerung.

Ein amerikanischer Pershing in einer zerstörten Straße in Köln, 1945

Der hier in Richtung Dom vorstoßende Pershing schoss wenige Minuten nach dieser Aufnahme einen der letzten in der Stadt verbliebenen deutschen Panzer ab

Anfang März war mit Köln eine der letzten deutschen Bastionen links des Rheins gefallen. In der durch Luftangriffe zu 90 Prozent zerstörten Innenstadt spielten sich erbitterte Häuserkämpfe ab, an manchen Stellen brach erst der Einsatz der neuen schweren M26 Pershing-Panzer den deutschen Widerstand. Die überlebenden Verteidiger zogen sich schließlich am 6. März über den Rhein zurück und sprengten die letzten bis dahin intakten Brücken. Zuvor waren noch Tausende Gegner des NS-Regimes ermordet worden.

Amerikanische Infanterie in Bensheim, 1945

Hier marschieren Ende März 1945 amerikanische Truppen in der hessischen Stadt Bensheim ein. Eine alte Frau steht fassungslos zwischen den Trümmern

Statt auf Soldaten setzten die Alliierten vor allem auf Granaten, um die letzten deutschen Widerstandsnester zu brechen. Der Ablauf war dabei immer gleich: Folgte nach einem gesetzten Ultimatum nicht die Übergabe einer Stadt, wurde diese durch Bomber und Artillerie zerstört – ohne Rücksicht auf die Zivilbevölkerung. So versanken in den letzten Kriegswochen noch viele deutsche Städte in Schutt und Asche.

Brücke von Remagen, 1945

Dies Bild eines amerikanischen Soldaten auf der Erpeler Ley, genannt „Flak Hill“, ging in jenen Tagen um die Welt

Das größte Hindernis, das die Alliierten auf dem Weg nach Berlin von Westen her überwinden mussten, war der Rhein. Keiner der alliierten Generäle rechnete ernsthaft damit, dass ihnen eine der Brücken über den Fluss intakt in die Hände fallen würde. Doch der Vorstoß der 9. US-Panzerdivision erfolgte so schnell, dass sie die Ludendorff-Brücke zwischen Remagen und Erpel am 7. März im Handstreich nahm. Die Deutschen leiteten sofort verzweifelte Gegenmaßnahmen ein, doch weder Kampfschwimmer der Kriegsmarine noch strahlgetriebene „Wunderwaffen“ konnten die Brücke zerstören. Als sie am 17. März aufgrund der zahlreichen Beschädigungen doch einstürzte, hatten die Amerikaner ihren Brückenkopf längst gefestigt und parallel eine Pontonbrücke errichtet.

Rheinübergang amerikanischer Soldaten, 1945

Amerikanische Soldaten, die Ende März 1945 unter deutschem Beschuss den Rhein überqueren

Die alliierten Generäle behandelten die Wehrmacht, als handele es sich noch immer um dieselbe mächtige Streitmacht wie 1944. Nichts sollte während der finalen Überquerung des Rheins, der „Operation Plunder“, dem Zufall überlassen werden. So blockierte eine künstliche Nebelwand tagelang die Sicht der deutschen Verteidiger auf die alliierten Truppenmassen am linken Ufer. Parallel zur Flussüberquerung fand unter dem Namen „Operation Varsity“ die letzte große Luftlandung des Zweiten Weltkrieges statt.

Winston Churchill

Die deutschen Verteidiger hatten den alliierten Landungen kaum mehr etwas entgegenzusetzen. Der britische Premier Winston Churchill ließ es sich nicht nehmen, schon am zweiten Tag der Operation persönlich das rechte Rheinufer zu betreten. Hier sitzt er in Begleitung von General Montgomery (links mit Barett) in einem Landungsboot.

Walter Model mit Hitlerjungen, 1945

Die sich im Ruhrgebiet befindliche Heeresgruppe B drohte nun eingekesselt zu werden. Bereits am 29. März riss der Kontakt zu den benachbarten Einheiten der Wehrmacht ab, mehrere deutsche Entsatzangriffe aus dem Raum Kassel blieben ohne Erfolg. Nach heftigen Gefechten mit Waffen-SS-Einheiten gelang es den Amerikanern schließlich am 1. April, Lippstadt bei Paderborn zu erobern. Etwa 325 000 deutsche Soldaten saßen nun im „Ruhrkessel“ in der Falle – viele von ihnen waren noch Kinder

Der Kommandeur der Heeresgruppe, Generalfeldmarschall Walter Model, mit einem der Hitlerjungen, in Monschau in der Eifel, wahrscheinlich im Herbst 1944. Der überzeugte Nationalsozialist Model lehnte alle Kapitulationsangebote der Alliierten trotz der ausweglosen Situation entschieden ab.

Amerikaner bewacht junge deutschen Soldaten, 1945

Ein amerikanischer Fallschirmjäger nimmt eine Gruppe Minderjähriger in Wehrmachtsuniform gefangen.

Am 21. April ging Model im Ruhrkessel in einen Wald und erschoss sich. Nicht jedoch, ohne vorher noch in seiner Abschiedsbotschaft gegen das „jüdische und demokratische Gift“ zu wettern, das die Truppe verseucht habe. Von seinen Kindersoldaten interessierte sich niemand mehr für derartige Tiraden – sie begaben sich scharenweise in alliierte Gefangenschaft. Briten und Amerikaner waren allerdings kaum in der Lage, die schieren Massen an Gefangenen adäquat zu versorgen, geschweige denn außer Landes zu schaffen. So entstanden die „Rheinwiesenlager“, in denen Millionen deutsche Gefangene unter primitivsten Bedingungen zusammengepfercht wurden. Viele der vollkommen ausgezehrten Soldaten starben dort.

Standgericht, 1945

Ein SS-Offizier verliest das Todesurteil gegen eine Gruppe von Angehörigen des Volkssturms

Um den sich abzeichnenden Auflösungserscheinungen an der Front entgegenzuwirken, hatte Hitler bereits am 9. März 1945 „fliegende Standgerichte“ eingesetzt, zuständig für Straftaten von Wehrmachts- und SS-Soldaten. „Drückeberger“ und Deserteure sollten von dieser mobilen Mordinstitution abgeurteilt und ohne Umschweife sofort exekutiert werden. Die ersten Opfer wurden die Offiziere, welche angeblich den Verlust der Brücke von Remagen zu verschulden hatten und dafür mit ihrem Leben zahlen mussten. Aber auch Tausende Zivilisten und Volkssturmmänner fanden bis Kriegsende auf diese Weise den Tod, da für sie Verurteilungen durch „Standgerichte“ auf Hitlers Befehl ebenso möglich waren.

 

Amerikanische Soldaten mit 'V1' Rakete, 1945

Amerikanische Soldaten verhören einen deutschen Gefangenen vor einer umgebauten Rakete, einem der sogenannten „Reichenberg-Geräte“

Wie verzweifelt die militärische Lage der Deutschen wirklich war, zeigten die vermeintlichen „Wunderwaffen“, die die Amerikaner während ihres Vormarsches erbeuteten. Freiwillige des „Kampfgeschwaders 200“, so der ursprüngliche Plan, sollten mit umgebauten V1-Raketen strategisch wichtige Ziele angreifen. In der Theorie hätten die Piloten kurz vor der Detonation die bis zu 800 km/h schnelle Rakete verlassen sollen – euphemistisch sprach man vom „Totaleinsatz“ der Freiwilligen. Doch dazu kam es dank der persönlichen Intervention des Geschwader-Kommandeurs nicht mehr.

Deutsche Infanterie an der Westfront in Deutschland, 1945
          Eine Gruppe deutscher Pioniere marschiert in eine neue Stellung

Solange Hitler am Leben war, kämpften Wehrmacht und SS dennoch weiter. Nach dem Untergang des Ruhrkessels befahl der Diktator die Bildung der „Festung Harz“, wo die 11. Armee die Amerikaner stoppen sollte. Oftmals reichte eine Handvoll entschlossener Männer und ein einzelner Panzer, um ganze Brigaden der Alliierten stundenlang aufzuhalten. Dabei kam den hoffnungslos unterlegenen Verteidigern zugute, dass die Westalliierten mit dem absehbaren Kriegsende unnötiges Blutvergießen unter ihren Truppen vermeiden wollten. Frontale Sturmangriffe, wie sie die Rote Armee bis zuletzt praktizierte, kamen im Westen nicht mehr in Frage. Nach zwei Wochen teils erbitterter Kämpfe waren die Deutschen auch im Harz endgültig geschlagen.

Deutsche Soldaten in einem Graben an der Westfront, 1945

Beispielhaft für den Stand der Ausrüstung ist diese Aufnahme vom März 1945. Der vordere Soldat ist mit einem französischen Maschinengewehr vom Typ FM 24/29 ausgerüstet, welche seit 1940 in den deutschen Depots lagerten

Die zusammengewürfelten Kräfte, die immer wieder gegen den amerikanischen Brückenkopf anrannten, hatten indes kaum mehr etwas mit der Streitmacht zu tun, welche Europa jahrelang in Atem hielt. Trotz des rücksichtslosen Einsatzes von Jugendlichen und Kriegsversehrten meldeten die Wehrmachtsstellen im Februar 1945 ein Defizit von 460 000 Soldaten, um die Lücken in den Divisionen zu füllen. Panzer wurden mit einem kruden Gemisch aus Benzin und Alkohol betankt, genannt „Mosel Sprit“. Selbiges verstopfte nicht nur Filter und Vergaser, sondern machte auch ein Vorheizen der Motoren mit Lötkolben nötig, was häufig zu Bränden führte.

 

Soldaten der US-Armee in Nürnberg, 1945
 Amerikanische Soldaten jubeln nach der Einnahme der Stadt auf dem         ehemaligen Reichsparteitagsgelände

Doch Hitlers Legionen waren zu diesem Zeitpunkt bereits längst geschlagen. Symbolisch dafür stand die Einnahme Nürnbergs durch die 7. US-Armee nach fünf Tagen schwerer Häuserkämpfe. Die „Stadt der Reichsparteitage“ fiel am 20. April 1945 – Hitlers 56. Geburtstag. Karl Holz, der fanatische Gauleiter Frankens, der die sinnlose Verteidigung zu verantworten hatte, erschoss sich noch am selben Tag.

Verurteilung eines 'Werwolfs' durch ein amerikanisches Kriegsgericht, 1945

Der 17 jährige SS-Soldate Siegfried H. Benz (stehend) vor dem amerikanischen Kriegsgericht in Bad Harzburg. Benz hatte Zivilisten nachgestellt und Jagd auf Kollaborateure in der Nähe der Stadt Schierke gemacht. Er wurde zum Tode verurteilt

Eine der größten Sorgen der Alliierten bestand darin, nach dem endgültigen Sieg über die regulären deutschen Streitkräfte noch in einen langwierigen Partisanenkrieg verwickelt zu werden. Tatsächlich hatte Heinrich Himmler bereits 1944 eine nationalsozialistische Freischärlerbewegung namens „Werwolf“ ins Leben gerufen. Den traurigen Höhepunkt der Bewegung stellte die „Penzberger Mordnacht“ am 27. April dar, bei der 16 Menschen von einem Werwolf-Kommando ermordet wurden.

 

Überlebende Häftlinge in Bergen-Belsen, 1945

Ausgezehrte Häftlinge zwischen unbestatteten Leichen kurz nach dem Eintreffen der Briten

Nach dem erfolgreichen Ausbruch aus den Rhein-Brückenköpfen stießen die britischen Panzerspitzen weiter durch Nordwestdeutschland Richtung Bremen und Hamburg vor. Am 14. April erschienen die ersten britischen Panzer vor dem Konzentrationslager Bergen-Belsen. Zuvor hatte das Wachpersonal noch vergeblich versucht, die Häftlinge per Zug aus dem Lager zu schaffen. Etwa 60 000 Personen befanden sich noch in Bergen-Belsen, als es am 15. April an die Briten übergeben wurde.

 

Briten bewachen SS-Mannschaften im KZ Bergen-Belsen, 1945

Ehemalige KZ-Wachen beim Verladen von Leichen bewacht von britischen Soldaten

„Noch nie hatte die Phrase ‚Dafür kämpfen wir‘ eine tiefere Bedeutung für mich“ – diese Zeilen schrieb einer der britischen Ärzte in den folgenden Tagen aus Belsen an seine Frau. Das Sterben im Lager endete indes mit der Ankunft der Briten nicht, noch immer verstarben an die 500 Menschen täglich. Die etwa 23.000 auf dem ganzen Gelände verteilten Leichen wurden auf Geheiß der Briten im Umkreis des KZs beerdigt, wozu auch die SS-Wächter gezwungen wurden.

 

US-amerikanische und sowjetische Soldaten beim Treffen in Torgau, 1945

Nur wenige Tage später, am 25. April überquerte eine dreiköpfige amerikanische Patrouille bei Lorenzkirch die Elbe, um mit den Sowjets Kontakt aufzunehmen. Die dortigen Elbwiesen waren allerdings mit den Leichen Hunderter deutscher Zivilisten übersät – ein wenig geeigneter Ort, um große Geschichte zu inszenieren. So wurde die Begegnung zwischen Ost und West zwei Tage später bei Torgau noch einmal nachgestellt, wo auch das hier gezeigte Bild entstanden ist

Etwa 110 000 Amerikaner fanden auf dem Weg von den Stränden der Normandie an die Elbe den Tod. Briten, Kanadier und Polen hatten etwa 42 000 Tote zu beklagen, bis die Wehrmacht am 8. Mai endgültig die Waffen streckte.


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