Noch ist noch nicht mal dieser grüne Donnerstag erschienen, schon ist die Osterpredigt eingetroffen. Druckfrisch kommt sie einher aus dem Hamburger Verlagshaus Hoffmann & Campe mit vierundsechzig Seiten geballter Hoffnung – „für die Stadt und den ganzen Erdenkreis“. Und wir fallen mal wieder gleich mit der Tür ins Haus und auf den Spoiler der frohgemuten Nachricht: „Wir alle, so verschieden, so bewegt. / Werden auferstehen, beschädigt aber schön.“
Also wirklich mal ganz ehrlich, froher kann die Botschaft für das nun vor uns liegende zweite Corona-Osterfest doch gar nicht ausfallen, und versuchen uns solcherweisae denn auch froh zu machen. Weil, beschädigt sind wir doch erstens längst und zweitens sowieso alle; und immer noch kann niemand „singen und sagen“, wie es mit unserer Schönheit nach Wiedereröffnung sämtlicher Friseur- und Beauty-Salons weitergehen wird. Da gibt diese Predigt Raum für Optimismus: „Ein neuer Tag, wir treten heraus aus dem / Schatten, entflammt und unerschrocken.“
„Den Hügel hinauf“
Nunmehr waten wir aber nachgerade auf den Einwand, diese österlichen Worten würden Wissenden doch längst nicht nur bekannt vorkommen, sondern es auch seien … wenngleich vielleicht zwar nicht aus der Geschichte von der Auferstehung des Zimmermanns aus Galiläa oder etwa aus der Legende vom geplanten Wiederaufstieg von Schalke 04 in der kommenden Spielzeit 2021/22. Die hier geschilderte Auferstehung entstammt vielmehr dem Traum der jungen amerikanischen Lyrikerin Amanda Gorman. Ihr Langgedicht „The Hill We Climb“, das sie Ende Januar bei der Amtseinführung von Joe Biden vortragen durfte, liegt nun endlich in deutscher Übersetzung vor: „Den Hügel hinauf“, ein Titel, so schweißtreibend wie eine Sisyphosiade.
Hüte wir uns aber – auch – vor vorschnellen Verrissen
So viel „Lyrisches Wir“ nämlich inmitten einer Welt prosaischer Ichlinge tut doch irgendwie auch mal gut. Endlich mal keine Ministerpräsidenten, die sich mit der Kanzlerin um Schließungsorgien zoffen, und keine Bundestagsabgeordneten, die Masken überteuert verhökern und solcherweise demokratische Tugenden gleich mit; einfach nur ein kleines Maß Hoffnung über ein paar dutzend Verszeilen gebrochen, das muss doch mal sein gedurft haben. Und, ist das nicht die genau richtige Dosis in dieser ansonsten doch eher dunklen Passionszeit?!
Lassen Sie sich daher nicht von Gormans Hügel der Hoffnung vertreiben, auch dann nicht, wenn Sie anderswo etwa vom blutigen Treiben der Militärjunta in Myanmar lesen sollten. Denn hinter den gegenwärtigen Schreckensbildern könnte doch bereits eine neue südostasiatische Demokratisierungswelle aufscheinen.
Auch – um mal einen eher kleinen Griff in die übervolle Kiste getan zu haben – muss uns auch das Urteil eines Krakauer Berufungsgerichts gegen das ZDF und dessen Serie „Unsere Mütter unsere Väter“ muss nicht automatisch zu Besorgnis oder Unruhe führen. Schließlich leben wir in einem Land in welchem das ZDF in Berufung zu gehen in der Lage ist. In der von so vielen Dichtern und Propheten beschworenen Stadt auf dem Hügel, bleibt also auch weiterhin ein Lichtlein an.
Bleiben also Sie zusammen mit uns auch weiterhin im Licht!
Der HERR wirds schon richten …